Wir entwickeln Zukunft – Bioökonomie gemeinsam gestalten
Hintergrund und Ziele
Welche Sorgen und Wünsche, Chancen und Risiken verbinden die Menschen in Stadt und Land mit dem Zukunftsfeld der Bioökonomie? Wo bestehen dabei Unterschiede zwischen Land und Stadt?
Ziel des Projektes ist es, einen wissenschaftsbasierten Diskurs über regionalspezifische Entwicklungsmöglichkeiten (Land/Stadt) in der deutschen Bevölkerung anzustoßen. Die übergeordnete Frage lautet: Wie wollen wir in Zukunft in der Stadt oder in den Dörfern leben und arbeiten?
Im Rahmen des Vorhabens werden mehrere Zukunftsbilder entwickelt. Diese bilden die Ausgangsbasis für eine sozialwissenschaftliche analytische Studie zu den Wünschen, Ansprüchen und Werten, bezogen auf Leben und Arbeiten in den Städten und Dörfern der Zukunft. Die Befragung im Rahmen der Studie erfolgt über eine Onlineplattform, auf der die Zukunftsbilder im interaktiven Storytelling-Format vermittelt werden.
Mit Hilfe der Studienergebnisse werden Zukunftschancen ebenso wie Verständnis- und Strukturprobleme in der Stadt und auf dem Land identifiziert. Darüber hinaus dienen die Ergebnisse als Ausgangspunkt für eine gesellschaftliche Diskussion über mögliche Innovationspotenziale. Die Ergebnisse werden u.a. von der ARD-Themenwoche ”Stadt.Land.Wandel” im November 2021 programmlich aufbereitet und verwertet.
acatech, als Einrichtung zur wissenschaftsbasierten Politik- und Gesellschaftsberatung, Fraunhofer CeRRI, als erfahrener Wissenschaftspartner zur Erstellung der Zukunftsbilder und der sozialwissenschaftlichen Auswertung der Rückmeldungen, und der Bayerische Rundfunk (BR), der in 2021 die ARD-Themenwoche verantwortet, als glaubwürdige und reichweitenstarke Medienorganisation, nutzen in dem Projekt ihre Möglichkeiten, damit aus den Teilnehmenden mündige „Technologie-Mitgestaltende“ werden – die mögliche Zukünfte dank fundierter Hintergrundinformationen bewerten und sich vertieft in eine breite Diskussion einbringen können.
Projekt mit der Hochschule München
Studierende des Studiengangs Technische Redaktion und Kommunikation der Hochschule München haben sich im Sommersemester 2021 in Zusammenarbeit mit acatech mit der Frage auseinandergesetzt, wie wir in Zukunft in der Stadt und auf dem Land leben und arbeiten und welche Rolle die Bioökonomie dabei spielt. Sie haben sich im Zuge des Projekts auf die Suche nach interessanten Persönlichkeiten, Geschichten und Geschäftsideen gemacht, Interviews geführt und Aufnahmen produziert. In den Medienformaten weiter unten sind die Ergebnisse dieser Arbeit festgehalten. Die Inhalte wurden von den Studierenden selbstständig erstellt und im Nachhinein leicht redaktionell überarbeitet.
Thema 1: Zurück zum Ursprung: Warum Landwirte bioökonomisch wirtschaften
Von Sylvie Dauner, Florian Ozean und Maxie Petzold
Immer mehr Menschen fangen an, ihr Konsum- und Essverhalten zu hinterfragen. Dabei setzen sie sich mit den Aspekten wie beispielsweise Herkunft, Qualität, Tierhaltung und Nachhaltigkeit des Produktes auseinander. Ihnen ist wichtig zu wissen, was das Produkt beinhaltet und woher es bezogen wurde. Ein positiver Effekt, der sich auch auf die Landwirte auswirkt, da diese vermehrt zur Geltung kommen. Auch durch die Corona-Pandemie ist der Trend zum bewussten Konsum bei den Menschen präsenter geworden. Der Lockdown und die Ungewissheit haben die Menschen zum Nachdenken und Handeln angeregt. Die verschiedenen Bauernhöfe der Landwirte haben einen spürbaren Ansturm an Konsumenten, die regionale Produkte möchten. Und nicht nur das – auch die Qualität des Produktes spielt verstärkt eine relevante Rolle. Hierbei wird vor allem auf die biologische Herkunft ein Augenmerk gesetzt.
In diesem Zusammenhang spielt auch das Thema Bioökonomie eine Rolle. Mit Bioökonomie wird eine moderne und vor allem nachhaltige Form des Wirtschaftens geschaffen, welche auf Nutzung von biologischen Ressourcen basiert. Diese Ressourcen werden dabei aus Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen erzeugt. Ferner wird die Herstellung von Produkten unter Anwendung innovativer biologischer und technologischer Verfahren geleitet. Die Vereinigung von Bioökonomie und Landwirtschaft bringen neue Aspekte in den Stadt-Land-Wandel.
Doch welche Chancen und Risiken können entstehen? Was sind die Sorgen und Wünsche der Menschen? Wie lässt sich Relation zu Stadt und Land mit den Zukunftsfeldern der Bioökonomie vereinen? Welche Auswirkungen hat der Wandel bezogen auf den Konsum der Menschen? Um diesen Fragen nachzugehen, haben wir uns auf den Weg gemacht und mit den Betreibern zweier Bauernhöfe gesprochen. Dabei haben wir interessante Antworten erhalten und Motive aufgedeckt, warum Landwirte langfristig nachhaltig und vor allem bioökonomisch wirtschaften.
Das erste Gespräch fand mit Landwirte Stefan Froschmeir statt. Zusammen mit seinem Vater Franz Froschmeir führt er den Bauernhof Birkenschwaige BioAgrikultur südlich von Ingolstadt. Der Bauernhof ist seit 2005 bei Naturland gelistet und hat insgesamt drei Arbeitskräfte aus der Familie sowie saisonale Arbeitskräfte, Schwerpunkte sind Legehennenhaltung und Zuckerrübenanbau. Der Hof ist im Besitz von knapp 12.000 Legehennen. Ackerbau, Lagerung, Trocknung und Aufbereitung von Getreide gehören mitunter zu den täglichen Aufgaben auf dem Bauernhof.
Zum Zweiten haben wir die Betreiber des Jackelhofs in Dießen am Ammersee befragt. Dieser wird von Familie Höpfl geführt. Der Bauernhof ist seit 2009 bei Naturland und betreibt eine ökologische Landwirtschaft mit Milchkühen, welche unter den Schwerpunkten Kurzrasenweide und Hornloszucht gehalten werden. Ihren meisten Umsatz machen sie mit der Milchviehhaltung und der Direktvermarktung an regionale Käufer.
Interview Stefan Froschmeir, Bauernhof Birkenschwaige
Hallo! Schön, dass Sie sich heute Zeit für uns nehmen. Wer sind Sie und was machen Sie?
Ja, gerne. Ich bin Stefan Froschmeir und bin Geschäftsführer des Bauernhofs Birkenschwaige Der wichtigste Betrieb von uns ist ein landwirtschaftlicher Betrieb, der ebenso ein Ökobetrieb ist und nach Naturlandrichtlinien wirtschaftet. Dort wird neben der Legehennenhaltung und dem Feldgemüseanbau, auch der Ackerbau betrieben. Wir machen viel mit erneuerbaren Energien. Hier haben wir eine Photovoltaikanlage. Zusätzlich haben wir noch einen Handel, der sich mit unseren ökologischen Produkten beschäftigt. Wir bauen regionale ökologische Druschfrüchte an und stellen somit eigenes Futter für die Legehennen her. Dieses vermarkten wir weiter an ausgewählte Abnehmer.
Was verstehen Sie persönlich unter Stadt-Land-Wandel?
Die Begriffe Stadt und Land beziehen sich für mich auf den Wohnraum und die Herkunft der Lebensmittel für die Menschheit. Der Wandel ist vor allem uns Menschen nahegelegt, wenn große Veränderungen in den nächsten Jahren kommen werden. Beispielsweise der Klimawandel oder die Globalisierung, die die ganze Gesellschaft beschäftigen werden. Wenn man sich die Themen alle vor Augen führt, dann ist klar, dass es irgendwann einen Wandel geben wird.
Merken Sie Veränderungen in den letzten Jahren? Kaufen mehr Menschen direkt von ihrem Bauernhof?
Die direkte Vermarktung habe ich am Hof erst neu aufgezogen. Diese steuert einen nicht allzu großen Anteil zu unserem Umsatz bei. Der Umsatz liegt vor allem in den Wiederverkäufern oder in der Industrieverarbeitung. Doch was ich bereits feststellen konnte, ist, dass insgesamt der Markt für ökologische Produkte immens gewachsen ist. Zunehmend in den letzten eineinhalb Jahren im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Hier findet ein gewisses Umdenken in der Gesellschaft statt. Dabei entsteht beim Einkaufen direkt eine Assoziation mit dem Produkt. Im Einzelhandel ist es aus meiner Sicht ebenfalls so, dass die Konsumenten immer mehr nach ökologischen und regionalen oder regioökologischen Lebensmitteln greifen. Das wird besonders im Bereich des Feldgemüses bemerkbar. Die verschiedenen Kulturen werden dadurch besser vermarktet oder auch ganz neue Kulturen in den Anbau aufgenommen. Vor 20 Jahren war die Pastinake den wenigsten ein Begriff, sie wurde bei uns sehr selten gegessen. Heute gibt es einen Markt dafür. Das sind Dinge, die mir zeigen, dass ein gewisser Wandel in der Gesellschaft stattfindet.
Warum setzen Sie auf biologische Landwirtschaft?
Ursprünglich hat mein Vater unseren Ackerbetrieb umgestellt. Auch ich sehe in der ökologischen Landwirtschaft grundsätzlich das Potential, bessere Antworten auf die Zukunft zu liefern. Die ökologische Landwirtschaft beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten damit, wie Kreisläufe in landwirtschaftlichen Betrieben geschlossen und, wie Nährstoffe zirkuliert werden können. Dadurch kann das Rein-Raus-System, wie es in der konventionellen Landwirtschaft stattfindet, unterbunden werden. Dabei werden zusätzlich mineralische Dünger für die Pflanzen gekauft. In der biologischen Landwirtschaft wird versucht, bestimmte Kreisläufe zu aktivieren und vielmehr mit der Natur zusammenzuarbeiten. Das ist zwar nicht immer leicht, aber wenn diese Prozesse erstmal genutzt werden, kann auch ohne jegliche chemische Pflanzenschutzmittel oder mineralische Düngestoffmittel gearbeitet werden. Das überzeugt uns und motiviert uns.
Sie schreiben auf Ihrer Website, dass ihr Hof über ein „Hohes Maß an Technisierung“ verfügt. Worauf bezieht sich das?
Im Bereich Legehennenhaltung ist es so, dass die Fütterung und die Versorgung der Hennen komplett automatisiert funktioniert. Es gibt Futterketten, die zum Beispiel das Futter zu gewissen Zeiten, die wir im Voraus festlegen, den Hennen zur Verfügung stellen. Die Daten werden alle sehr genau erfasst. Darüber hinaus wird der Futterverbrauch, der viel Wasser benötigt, sowie das Gewicht der Tiere auf einem Server gespeichert. Dadurch haben wir jederzeit Zugriff auf die Fütterung der Hennen. Ferner erlaubt es uns, dass wir expliziter Daten erfassen können als ein Landwirt, der nicht diese technischen Hilfsmittel hat. Gerade in Bezug auf das Tierwohl, bietet es viele Vorteile, da wir immer über den aktuellen Ernährungszustand der Tiere in Kenntnis gesetzt sind und wir schnell reagieren können.
Was würden Sie sich für die Zukunft Ihres Bauernhofes wünschen?
Einen Bereich werde ich in Zukunft auf jeden Fall noch verstärken, und zwar den direkten Kontakt zum Endkunden. Ich möchte versuchen ab September junge Menschen auszubilden. Des Weiteren habe ich vor, öffentliche Veranstaltungen zu organisieren, damit unser Bauernhof noch transparenter wird.
Interview Josef und Erika Höpfl, Jacklhof
Guten Tag! Wir freuen uns, dass wir heute bei Ihnen sein dürfen. Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen.
Hallo, wir sind Familie Höpfl – Josef und Erika mit unseren Söhnen Michael und Christian. Gemeinsam betreiben wir den Biobauernhof Jackelhof in Dießen am Ammersee, der seit 1508 in Familienbesitz ist. Wir haben 60 Milchkühe der Rasse Braunvieh inklusive Kälber, einen Stier und unseren Hofhund Ronja und seit ein paar Wochen gehören auch fünf Ferkel zu uns. Meine Frau und ich sind beide Landwirtschaftsmeister. Seit 2009 bewirtschaften wir unseren Hof nach den Richtlinien des Naturland-Verbandes, verkaufen Milch und bieten zudem frische Produkte in unserem Hofverkauf an.
Warum haben Sie sich dazu entschieden, „bio“ zu produzieren?
Wie lange hat dann die Umstellung auf Bio gedauert?
Es hat tatsächlich mehrere Jahre gedauert, bis wir alles umgestellt hatten. Es mussten Flächen angepachtet, der Stall musste gemäß der LVÖ-Vorgaben umgebaut und Arbeitsweisen mussten angepasst werden. Das hat mehrere Hunderttausende von Euro gekostet. Aber am Ende hat es sich gelohnt und wir können uns nicht vorstellen, wieder zurück in die konventionelle Landwirtschaft zu gehen.
Besonders schön ist es, dass sich unsere Söhne und ihre Partnerinnen dazu entschieden haben, den Hof zu übernehmen und weiter auszubauen. Da kommt frischer Wind rein.
Bedeutet die Bioproduktion mehr Arbeit für Sie?
Ja, sie ist viel mehr Arbeit. Wir haben den gleichen bürokratischen Aufwand wie große Mastviehbetriebe. Wir müssen alles genau dokumentieren, wie beispielsweise die Düngeverordnung, die jedes Jahr anfällt. Darin muss die Größe aller Flächen aufgelistet sein und wie viel Dünger darauf verteilt wird. Ein kleiner Fehler wird gleich mit Sanktionen bestraft. Einmal im Jahr haben wir eine angekündigte und eine nicht angekündigte Kontrolle, bei den der komplette Hof angeschaut wird und überprüft wird, ob wir alle Vorgaben erfüllen. Nur wenn wir diese Bestätigung habe, darf ich an die Molkerei verkaufen. So wird sichergestellt, dass das Bio-Siegel auch ein Qualitätsmerkmal ist.
Was ist Bioökonomie für Sie?
Bioökonomie ist für uns die Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen und das möglichst nachhaltige Arbeiten mit und auf der Natur, ohne dieser zu schaden.
In welchen Bereichen arbeiten Sie bioökonomisch und wie?
Wir sind schon seit Jahren ein Bio-Bauernhof und achten bei der Bodenbearbeitung auf eine möglichst schonende Art. Wir nutzen ein Holzgas-Blockheizkraftwerk mit Hackschnitzel für Energie- und Wärmegewinnung. Dort werden unsere eigenen Hackschnitzel verbrannt. Die dort entstandene thermische Energie wird auf das Heizsystem übertragen, während der Holzgasmotor das entstandene Holzgas in Energie umwandelt und wiederum ein Generator daraus Strom für unseren Bauernhof erzeugt. Wir versuchen soweit wie möglich, alles im Kreislauf zu halten.
Haben Sie schonmal über die Digitalisierung der Vorgänge auf dem Hof nachgedacht?
Ja, wir haben uns über die Digitalisierung bereits Gedanken gemacht. Unser Sohn ist Informationselektroniker, der würde das dann auch selbst umsetzen können. Ein Teil haben wir auch schon umgesetzt. Unsere Abkalbeboxen, also die Boxen, in denen die Kuh ihr Kalb zur Welt bringt, sind videoüberwacht und unser Melkstand ist computergesteuert. Der Stand misst selbstständig die Milchflussmenge der zu melkenden Kuh. Wenn dieses ein bestimmtes Minimum erreicht hat, hört er automatisch auf. Das Vakuum wird gelöst, welches die Melkeinheit am Euter hält. Diese Technik nutzen wir schon seit 2003. Fütterungen oder andere Vorgänge zu digitalisieren, lohnt sich bei uns noch nicht. Die Investitionen wären viel zu hoch und
Die Investitionen wären viel zu hoch und schneller würde es auch nicht gehen. Unsere 60 Kühe haben wir auch so schnell gefüttert.
Haben Sie in den letzten Jahren Veränderungen in Bezug auf den Stadt-Land-Wandel bemerkt?
Ja, auf jeden Fall. Die Menschen durchleben eine Veränderung in ihrem Denken. Sie kaufen und konsumieren bewusster und machen sich Gedanken, woher ihre Lebensmittel kommen. Gerade auch junge Familien kommen immer mehr zu unserem Hofverkauf und interessieren sich für die Herstellung der Produkte.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihres Hofes und für die Landwirtschaft im Allgemeinen?
Thema 2: Einweg Coffee-to-go Becher: Welche Alternativen gibt es?
Von Patrick Geyer, Linus Seemann und Isabell Weinzierl
Ob in der Großstadt oder auf dem Land: einen schnellen Kaffee oder Tee auf den Weg in die Arbeit, zur Vorlesung oder vor einem Termin kennt jeder. Das Problem hierbei stellt in erster Linie das Behältnis des Getränks dar. Denn aktuell werden noch zum Großteil mit Kunststoff beschichtete Pappbecher mit Plastikdeckel verwendet.
Eine gute Nachricht gibt es jedoch: Das Bundeskabinett hat ein Verbot von Wegwerfprodukten aus Plastik beschlossen, welches im Sommer 2021 in Kraft getreten ist. Daraus folgt die Umstellung zu umweltfreundlichen Alternativen, Pfandsystemen bis hin zu nachhaltigen Produktionen.
Was ist das Ausgangsproblem?
Wie bei vielen Herausforderungen unserer Zeit liegt das Hauptproblem in der Masse. Deutschlandweit werden ca. drei Milliarden Einwegbecher pro Jahr verbraucht. Anders gesagt: 320.000 Becher gehen pro Stunde über die Ladentheke.
Was sind die Lösungsansätze?
Gerade in den Großstädten haben sich in den letzten Jahren verschiedenste Mehrweg-Pfandbechersysteme etabliert. So hat es unter anderem einer der bekanntesten Anbieter, die Firma RECUP, geschafft, 6.000 verschiedene Ausgabe- und Rücknahmestellen mit ihren wiederverwendbaren Bechern zu generieren.
Das Prinzip ist simpel: Gegen einen Euro Pfand erhält der Konsument seinen Pfandbecher, den er nach Gebrauch in einem der vielen teilnehmenden Cafés und Bäckereien wieder abgeben kann. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Becher nach Angaben von RECUP zu 100 Prozent recycelbar sind und nachhaltig produziert werden.
Momentan ist dieses System gerade in Großstädten weit verbreitet. Im Gegensatz dazu ist es in ländlicheren Gegenden noch kaum verbreitet. Das liegt unter anderem daran, dass es aktuell auf dem Land eine geringe Auswahl an Cafés gibt, die bei diesem Pfandsystem mitmachen.
Bring-your-own Mehrwegbecher als Alternative zu Einwegbechern?
Eine weitere Alternative ist die Nutzung von eigenen Mehrwegbechern. Hierbei investiert man einmalig in seinen eigenen Coffee-to-go Becher nach Wahl, welcher für den täglichen Gebrauch geeignet ist. Mit dem dazugehörigen Deckel lässt sich der Becher zuhause oder bei einem Kaffeehausbesuch befüllen und ideal mitnehmen. Nach der Benutzung wäscht man den Becher selbst ab, um ihn anschließend wiederzuverwenden.
Ein Vorteil von Mehrwegbechern aus Porzellan ist, dass sie auch nach vielen Verwendungen keine Abnutzungserscheinungen aufweisen. Des Weiteren müssen die Becher nicht direkt zurückgegeben werden, da sie nach dem Einkauf direkt in den Besitz des Käufers übergehen. Somit spielt es schlussendlich keine Rolle, ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt.
Zudem werden auch die Porzellanbecher nachhaltig produziert. Da Porzellan aus den natürlichen Stoffen Kaolin, Quarz und Feldspat besteht, handelt es sich bei Porzellan ausschließlich um einen Naturwerkstoff.
Um mehr über Mehrwegbechersysteme zu erfahren, waren wir bei der Firma Mahlwerck im Landkreis Rosenheim zu Gast, die Mehrwegbecher aus Porzellan produziert. Uns bot sich die Möglichkeit, mit dem Geschäftsführer von Mahlwerck Concepts, Bernd Lietke, ein Interview zu führen:
Thema 3: Nachhaltigkeit – das neue Must-have
Von Yeliz Atabay, Gizem Karaca und Valentina Tomic
Nachhaltigkeit und Klimaschutz waren bereits vor der Covid-19-Pandemie für viele Menschen alltägliche Themen. Organisationen wie Utopia und die “Fridays for Future”-Bewegung versuchen seit Jahren, auf die Wichtigkeit des Umweltschutzes hinzuweisen. Auch Begriffe wie Greenwashing und Recycling wecken zunehmend das öffentliche Interesse.
In diesem Zusammenhang gab es in den vergangenen Jahren zunehmend Kritik an der Modebranche. Laut der UN-Allianz für nachhaltige Mode erzeugt die Textilindustrie etwa acht bis zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen und verursacht jährlich 1,2 Milliarden Tonnen CO2. Dies entspricht einem höheren CO2-Ausstoß als bei internationalen Flügen und Kreuzfahrten zusammen. Doch welche Möglichkeiten bieten sich den Designer*innen und Konsument*innen, um die Nachhaltigkeit in der Mode zu fördern?
Wechselnde Mode als Gefahr für die Umwelt
Laut Greenpeace stammen 90 Prozent unserer Kleidung aus Asien, wo ihre Produktion gewaltige Umweltschäden verursacht. Weiter heißt es, dass über zwei Drittel der chinesischen Flüsse und Seen als verschmutzt klassifiziert sind. Die Giftstoffe aus den Fabriken werden oft ungefiltert abgeleitet und tauchen später im Trinkwasser und Essen auf. In Tieren und Menschen sind diese Schadstoffe immer häufiger nachweisbar und schaden der
Gesundheit.
Auch durch die Verbrennung von Textilien entstehen Giftstoffe. Einige gesellschaftlichen Gruppen fordern die Konzerne dazu auf, das Verbrennen von Kleidung einzustellen. Die Luxusmarke Burberry machte im September 2018 den ersten Schritt und folgte dieser Forderung.
Nicht nur für den CO2-Ausstoß wird die Modebranche kritisiert. Auch die sogenannte “Fast Fashion” stellt ein großes Problem dar. Hintergrund hierbei ist, dass viel Kleidung gekauft und im Anschluss weggeworfen wird, da sie aus der Mode kommt. Seit mehreren Jahren machen Organisationen darauf aufmerksam, dass marktführende Modeunternehmen jährlich mehr als ein Dutzend Kollektionen anbieten und somit zu diesem Problem beitragen.
Bakterien als Rohstoff
Bei der Frage, was Kühe und Spinnen gemeinsam haben, werden die meisten Menschen wohl auf den ersten Blick keinen Zusammenhang erkennen. Allerdings produzieren beide Tiere wichtige Rohstoffe, die in der Welt der Mode einen Fortschritt bedeuten könnten. Die Hannoveranerin Anke Domaske gründete 2011 das Unternehmen QMilk, welches sich ausschließlich damit beschäftigt, Stoffe und Kosmetik aus Milchfasern herzustellen. Um eine Alternative zu chemisch hergestellter Kleidung zu finden, versuchte sich das Start-up an der Herstellung von Kleidung mit Milch. In Deutschland werden 20 Prozent der Milch weggeschüttet, weil sie den gesetzlichen Standards nicht entsprechen. Die saure Milch kann jedoch für die Kleidungsherstellung verwendet werden: Sie wird entsprechend verarbeitet, um das Eiweiß Protein, das sogenannte Kasein, zu extrahieren. Dieses Kasein wird anschließend zu Fasern verarbeitet.
Ein weiteres Beispiel für ein nachhaltiges Mode-Unternehmen ist AMSilk. Gegründet wurde die Biotech-Firma 2008 in München. AMSilk stellt in großem Maße biotechnologische Seide her, welche auch im Bereich Lifestyle und Kosmetik Anwendung findet. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Bakterien gentechnisch so zu modifizieren, dass diese Spinnenseidenproteine herstellen. In einem weiteren Verfahren werden die Moleküle zu Fasern versponnen, die in der Herstellung von Stoffen verwendet werden können.
Alternativen der Nachhaltigkeit – Secondhand als Konzept für faire Mode
Neben den alternativen Stoffen zur Herstellung von Kleidung gibt es aber auch noch einen weiteren Aspekt, welcher berücksichtigt werden muss. Jedes Jahr kommt von Designschaffenden eine neue Kollektion auf den Markt und auch die Farben und Schnitte scheinen sich jede Saison zu ändern. Wer dem Trend folgen möchte, wird dazu verleitet, stetig neue Sachen zu kaufen. Durch die hohe Nachfrage der Verbrauchenden entsteht ein dauerhafter Kreislauf.
Käufer*innen können also ebenfalls zum Schutz der Umwelt beitragen, ohne zwingend Kleidung aus nachhaltigen Stoffen zu kaufen – durch bewussten Modekonsum. Weniger Quantität – mehr Qualität lautet das Motto.
Die Modetrends der letzten Jahre zeigen, dass Trends und Marken aus den 80er und 90er-Jahren ein Comeback erleben. Ist im Kleiderschrank keine Vintage-Mode zu finden, lohnt sich der Besuch in einem Secondhandladen. Neben modischen Accessoires werden dort auch seltene Einzelstücke angeboten. Modisch und verantwortungsvoll ist dies ein erster Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, um die Umwelt vor den Einflüssen der Textilindustrie zu schützen.
Die Meinung von Expert*innen
Nicht nur große Organisationen und Bewegungen fordern Rücksicht auf die Umwelt. Auch Expert*innen in den Bereichen Biologie und Biotechnologie geben Tipps für ein nachhaltiges Leben. Prof. Dr. Martina Schraudner, Leiterin des Fraunhofer Center for Responsible Research and Innovation und acatech Vorstandsmitglied, appelliert an die jungen Generationen, sich bewusster mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Nachhaltigkeit in der Mode bedeute nicht nur, chemiefreie Mode zu kaufen, sondern auch den menschlichen Aspekt dabei zu betrachten. Kinderarbeit, die Gesundheitsversorgungen und Unterkünfte der Arbeiter*innen seien ebenfalls ein bedeutender Punkt, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht.
Des Weiteren macht Martina Schraudner darauf aufmerksam, die sogenannten Sustainable Development Goals, kurz SDGs, in den Mittelpunkt zu stellen. Diese politischen Zielsetzungen der Vereinten Nationen umfassen insgesamt 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung und setzen sich unter anderem für Frieden, Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit und Bildung für alle ein.
Nachhaltig auf den ersten Blick
Neben den SDGs gibt es noch andere Initiativen und Ziele, welche eingesetzt werden, um die Nachhaltigkeit zu fördern. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat am 9. September 2019 die Zertifizierung „Grüner Knopf“ ins Leben gerufen. Das Besondere hierbei ist, dass „das gesamte Unternehmen kontrolliert wird und einzelne Vorzeigeprodukte nicht ausreichen“, erläuterte Entwicklungsminister Gerd Müller. Des Weiteren betonte er, dass Unternehmen in allen Branchen in der Pflicht stünden, grundlegende Menschenrechtsstandards wie das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit in ihren Lieferketten sicherzustellen.
Ein kleiner Schritt für den Menschen – ein großer für die Umwelt
Nachhaltiges Denken kann bereits in jungen Jahren gefördert werden. Als Vorzeigebeispiel dient hierbei die Initiative der Mülltrennung in Schulen, welche in den 90er-Jahren in Deutschland eingeführt wurde. Lehrer*innen haben gemeinsam mit Schüler*innen die Mülltrennung an den Schulen eingeführt und die Kinder haben das Gelernte zu Hause gemeinsam mit den Eltern umgesetzt. Diese Vorgehensweise könnte als Inspiration dienen, um nachhaltiges Modebewusstsein in der Gesellschaft zu etablieren.
Bereits kleinste Veränderungen im Alltag können sich positiv auf unser Klima auswirken. Outdoor-Bekleidung aus recyceltem Plastik, Vintage Unikate aus dem Secondhandladen und die neueste Kollektion noch in weiteren Saisons zu tragen, sind ein bedeutender Schritt in Richtung nachhaltigem Leben.