acatech Mitglied Albert Albers zu neuen Denkweisen in den Ingenieurwissenschaften
München, 12. April 2024
3 Fragen an Albert Albers, stellvertretender Sprecher des Themennetzwerks Produktentwicklung und Produktion zu:
Neuen Denkweisen in den Ingenieurwissenschaften und der Produktentwicklung der Zukunft
1. Herr Prof. Albers, Sie sind in den letzten Jahren als Sprecher und Stellvertretender Sprecher des Themennetzwerks Produktentwicklung und Produktion für acatech sehr aktiv. Was treibt Sie als acatech Mitglied an? Was ist Ihnen wichtig?
Ich bin überzeugt, dass die Ingenieurwissenschaften einen ganz wesentlichen Beitrag zur positiven Gestaltung der Zukunft unserer Gesellschaft, ja der ganzen Erde leisten können und müssen. Gestalten bedeutet für Ingenieurinnen und Ingenieure dabei durch Synthese neue technische Lösungen im Kontext soziotechnischer Systeme zu erschaffen. Das ist Kerngebiet der Produktentwicklung bzw. der Produktentstehung, dem Gebiet, in dem ich seit mehr als 25 Jahren forsche. Und das ist auch der Schwerpunkt unseres Themennetzwerkes Produktentwicklung und Produktion in der acatech. Hier in einem leistungsfähigen Netzwerk Forschung und Nutzung in den Unternehmen zusammenzubringen und auch neue Forschung anzuregen ist der wesentliche Antrieb für mein Engagement.
2. Von Ihnen ist der acatech IMPULS Engineering neu denken und gestalten erschienen. Worum geht es Ihnen mit dieser Initiative?
In dem Impuls habe ich das komplexe Thema Advanced System Engineering (ASE) in einer allgemeinverständlichen Weise aufzubereiten und zu erklären versucht. Advanced System Engineering ist dabei ein ganzheitlicher Ansatz, um die Synthese und Validierung moderner Cyber-Physischer Systeme im Verbund der vielen notwendigen Kompetenzen aus Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik erfolgreich anzugehen. ASE ist dabei mehr als eine Methode oder ein Prozess. Es ist eine neue Denkweise, die tiefe fachliche Expertise mit der notwendigen überfachlichen Vernetzung zusammenbringt und dabei den Menschen und die Arbeit im Team in den Mittelpunkt setzt. Wie ich gerne sage: Wir können nicht mit den Methoden des 20. Jahrhunderts die Herausforderungen der Produktentstehung des 21. Jahrhunderts angehen!
3. Sie sind Mitglied im Management Committee des neuen Sonderforschungsbereichs 1608 „Consistency in the View-Based Development of Cyber-Physical Systems (Convide)“. Was ist das Ziel von Convide?
Cyber-Physische Systeme (CPS) vereinen in Ihren Lösungen die physische Welt mit der virtuellen Sphäre, indem sie in einer Symbiose aus Aktoren, Sensoren, Computern und Netzwerken eine nahtlose Verbindung zu den technischen Systemen und zwischen ihnen herstellen. Ein Beispiel sind moderne Fahrzeuge. Eine Herausforderung bei der Entwicklung von CPS ist deren hochgradige Komplexität und Interdisziplinarität, entstehend aus der Vernetzung einer Vielzahl mechanischer, elektronischer und informatorischer Teilsysteme, die mit einer Vielzahl an Modellen und Prozessen erarbeitet werden müssen. Diese Modelle, Vorgehensweisen und Teillösungen im laufenden Entwicklungsprozess für die vielen beteiligten Entwickelnden immer konsistent zu halten ist eine der größten Herausforderungen in der modernen Produktentstehung. Diese wollen wir in dem SFB CONVIDE in einem sehr starken Team aus Informatik, Maschinenbau und Elektrotechnik mit neuen Lösungen auf Basis der Methoden des ASE, des Software Engineering und der formalen Methoden der Informatik angehen. Ich bin sicher, dass die Ergebnisse ganz wesentlich die Methoden und Prozesse zukünftiger Produktentwicklung in den Unternehmen befruchten werden.