Lernwerkstatt Technikkommunikation: Dialog über Wandel und aktuelle Herausforderungen
München, 15. Oktober 2021
Wie technische Sachverhalte anschaulich kommuniziert werden und Brücken zwischen Technik und Gesellschaft geschlagen werden können, war das Thema der von acatech und Wissenschaft im Dialog veranstalteten „Lernwerkstatt Technikkommunikation“ im Deutschen Museum München. Vom 28. September bis zum 1. Oktober kamen Nachwuchskräfte aus Wissenschaft, Technik und Kommunikation zusammen, um gemeinsam an Konzepten und Ideen für die Wissenschaftskommunikation und für die Kommunikation neuer Technologien zu arbeiten.
In der Lernwerkstatt wurden unterschiedliche Aspekte von Technikkommunikation aus theoretischer und praktischer Sicht gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Medien beleuchtet.
Wolfgang Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums und acatech Mitglied, begrüßte die Teilnehmenden zum Auftakt und betonte dabei die Bedeutung von gelungener Wissenschafts- und Technikkommunikation in einer von einer Pandemie und anderen großer technologischen Umwälzungen geprägten Zeit. Gleichzeitig zog er Parallelen zur Wissenschaftskommunikation vergangener Tage und beschrieb deren Entwicklung: von einer Wissenschaft, die ihre Ergebnisse der Bevölkerung lediglich präsentiert, zu einer Wissenschaft, die zusammen mit allen gesellschaftlichen Akteuren über die Möglichkeiten und den wünschenswerten Einsatz von Technologien diskutiert.
Die Referentinnen und Referenten gaben Einblicke in unterschiedliche Arbeits- und Forschungsfelder der Wissenschaftskommunikation: Ortwin Renn (IASS Potsdam und acatech Präsidiumsmitglied) ging der Frage nach, wie sich kontroverse, risikobehaftete Wissenschaftsthemen vermitteln lassen. Er erläuterte wie insbesondere Dialogformate mit gesellschaftlichen Gruppen erfolgreich gestaltet werden können. Gerade Themen, die durch hohe Komplexität, Unsicherheit, Ambiguität und Pluralität gekennzeichnet sind, müssten ziel- und zielgruppengerecht kommuniziert werden, um eine Diskussion zu ermöglichen und zu politischen Entscheidungen zu gelangen.
Zu selbstgewählten Themen konnten die Nachwuchskommunikatoren und -kommunikatorinnen im Anschluss das Gehörte in einer Übung selbst zum Einsatz bringen. Themen waren: Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, die Bedeutung von Algorithmen in Social Media für die Debattenkultur der Öffentlichkeit und die Verwendung von Personendaten im Gesundheitswesen.
Ein Besuch beim Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen rundete den Tag für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab. Auf dem Programm standen Technikdemonstrationen der gesamten Anwendungsbreite des Instituts.
Einblicke in das Wissenschaftsressort einer Zeitungsredaktion gab Sebastian Hermann von der Süddeutschen Zeitung. Er berichtete über die Gratwanderung, wissenschaftliche Ergebnisse nach ihrer Bedeutung und Relevanz für die Leserschaft zu identifizieren und gleichzeitig den Ansprüchen einer tagesaktuellen Berichterstattung gerecht zu werden.
Benjamin Zilker (acatech) und Karolin Tampe-Mai (ZIRIUS – Universität Stuttgart) stellten mit dem TechnikRadar eine zentrale Monitoring-Studie von acatech, Körber-Stiftung und ZIRIUS vor, die sich mit der Akzeptanz und den Einstellungen gegenüber Technik in der Bevölkerung befasst. Die darin enthaltenen Analysen seien von besonderer Bedeutung um Technologien und deren gesellschaftliches Konfliktpotenzial benennen und berücksichtigen zu können.
Elisabeth Hoffman (TU Braunschweig) berichtete anhand von Beispielen aus dem Arbeitsalltag der Hochschulkommunikation, wie wichtig Transparenz und das Wissen um ein kongruentes Kommunikationskonzept beim Vermitteln von Forschungsergebnissen und Technologien ist.
Bei seinem Vortrag zum Thema „Nutzen der Raumfahrt – Innovationen für die Gesellschaft“, in der Reihe „Wissenschaft für jedermann“ des Deutschen Museums, beschrieb acatech Präsident Jan Wörner anhand der Raumfahrt, wie Innovationen entstehen – und wie sie gefördert werden können.
Helmuth Trischler, Forschungsdirektor des Deutschen Museums und acatech Mitglied, zeigte anhand von Ausstellungen wie Werkzeugmaschinen, Luftfahrt, Pharmazie und Ehrensaal verschiedene Vermittlungsformen, Chancen und Herausforderungen der musealen Präsentation.
Welche Rolle die sozialen Medien in der Technikkommunikation spielen, diskutierten Christoph Neuberger (FU Berlin) und Rebecca Winkels (WiD) mit den Teilnehmern. Christoph Neuberger zog aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive eine gemischte Bilanz der fortgeschrittenen Digitalisierung der Wissenschaftskommunikation. Durch neue Intermediäre wie Plattformen und einem Verschwimmen der Grenzen zwischen Kommunikatoren und Rezipienten seien klassische Rollenvorstellungen von medial vermitteltem Wissen über feste Instanzen (Tageszeitungen, TV, Radio usw.) nicht mehr zutreffend. Vielmehr setze ein vielschichtiger Wandlungsprozess ein, der zwar auf der einen Seite Polarisierungsprozesse in der Öffentlichkeit fördern könne, auf der anderen Seite aber auch neue Formate und Vermittlungswege eröffne und eine neue Rolle und Ausgestaltung des Wissenschaftsjournalismus einfordere. Rebecca Winkels lieferte im Anschluss einen Überblick zu den bestehenden Formaten und digitalen Kanälen und beschrieb, wie dort auf unterschiedliche Weise Wissenschafts- und Technikkommunikation stattfindet.
Zusammen mit Wissenschaft im Dialog (WiD) organisiert acatech jährlich die Lernwerkstatt Technikkommunikation und fördert damit die Technik- und Wissenschaftskommunikation in Deutschland.