SENAT digital: Die Rolle von Wasserstoff für die Wirtschaft von morgen
München, 1. April 2022
Vergangenen Mittwoch fand zum dritten Mal die Veranstaltungsreihe SENAT digital statt. acatech Senatorinnen und Senatoren sowie geladene Gäste diskutierten darüber, welche ökonomischen Perspektiven bestehen und warum es schwierig ist, den Bedarf nur mit grünem Wasserstoff zu decken.
Um unsere Klimaziele erreichen zu können, sind erneuerbare Energien in allen Bereichen unseres Lebens unverzichtbar. Grüner Wasserstoff spiele dabei eine maßgebliche Rolle und wird häufig als der Hoffnungsträger für die Energiewende gesehen. Das sagte Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer, acatech Präsidiumsmitglied, zur Einführung in das Thema. In einigen Bereichen werde ein Umstieg auf Wasserstoff unverzichtbar sein, zum Beispiel in der Stahlindustrie. In anderen Bereichen müsse noch diskutiert werden, ob sich ein Wechsel lohne, etwa im Stromsektor.
Das war der Ausgangspunkt für zwei Impulsvorträge von Prof. Dr. Veronika Grimm, Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, und von Jürgen Nowicki, acatech Senator, Executive Vice President der Linde plc und CEO bei Linde Engineering.
Prof. Dr. Veronika Grimm sieht in der Umstellung auf Wasserstoff viele industriepolitische Chancen für Deutschland. Zum Beispiel bestünden sehr viele Kompetenzen in der deutschen Gasbranche, um den Transport von Wasserstoff zu organisieren. Außerdem könne sich das Land im Bau von Schlüsselkomponenten, etwa Elektrolyse-Anlagen, spezialisieren und diese exportieren. Schließlich sei Deutschland eine Nation, die schon lange hochwertige Maschinen exportiert habe.
Grüner Wasserstoff benötigt viel Strom
Jürgen Nowicki konzentrierte sich in seinem Impulsvortrag auf Probleme des grünen Wasserstoffs, der mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energien produziert wird. Aus seiner Sicht sei es schwierig, den zukünftigen Bedarf nur mit grünem Wasserstoff decken zu wollen. Dafür seien gigantische Mengen Strom notwendig, die aktuell und in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung stünden. Für ihn sei daher eine Umstellung auf grünen Wasserstoff nur denkbar, wenn vorher blauer und grauer Wasserstoff genutzt wird.
Im Anschluss an die Vorträge folgte eine Diskussionsrunde, geleitet durch den Gastgeber und ehemaligen acatech Präsidenten Karl-Heinz Streibich. Wie können behördliche Prozesse beschleunigt oder verbessert werden? Zum Beispiel, indem Bürgerinnen und Bürger eingebunden und Behörden digitalisiert würden, meinte Prof. Dr. Veronika Grimm. Muss sich Deutschland vielleicht offener gegenüber anderen Produktionsverfahren zeigen? Sicherlich. Aktuell liege der Fokus sehr auf grünem Wasserstoff, sagte Jürgen Nowicki. Das sei ein rein deutsches Phänomen. Andere Länder seien da pragmatischer – und Deutschland brauche vielleicht auch mehr Pragmatismus. Karl-Heinz Streibich stimmte dem zu und schloss die Veranstaltung damit, dass die Umstellung auf Wasserstoff ein sich permanent veränderndes Ziel sei. Daran müsse man sich anpassen.
Welche acatech Projekte am Thema Wasserstoff arbeiten
Bei acatech beschäftigen sich drei Projekte und eine Arbeitsgruppe mit dem Thema Wasserstoff. Das Projekt HySupply untersucht die Machbarkeit einer deutsch-australischen Lieferkette, um grünen Wasserstoff nach Deutschland zu importieren. Eine Arbeitsgruppe der Plattform Energiesysteme der Zukunft (ESYS) legt die Analyse etwas breiter an und sucht nach Möglichkeiten, um Wasserstoff nach Deutschland zu transportieren. In der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) werden die Potenziale von synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) für schwer elektrifizierbare Bereiche wie den Schiffsverkehr diskutiert. Das Projekt H2-Kompass zielt darauf ab, der deutschen Politik Handlungsempfehlungen aufzuzeigen, wie sie den Aufbau der deutschen Wasserstoffwirtschaft gestalten kann.
Über SENAT digital
SENAT digital ist eine virtuelle Veranstaltungsreihe, die etwa einmal im Quartal ein aktuelles Thema aus wirtschaftlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Perspektive beleuchtet. Das einstündige Format richtet sich an alle acatech Senatorinnen und Senatoren sowie an ausgewählte Gäste