Wirtschaft_digital: Henning Kagermann skizziert Wertschöpfungskonzepte und Sicherheitsperspektiven

Berlin, 12. November 2016
Die zunehmende Vernetzung läutet in der Wirtschaft das Zeitalter der Industrie 4.0 ein und ermöglicht völlig neue Wertschöpfungskonzepte. Zugleich wirft sie neue Sicherheitsfragen auf. Diese Themen standen im Mittelpunkt der WELT-Konferenz Wirtschaft_digital am 12. November. acatech Präsident Henning Kagermann eröffnete die Konferenz in der Berliner DIN-Zentrale mit einer Keynote.
Die Digitalisierung ist nach den Worten von Henning Kagermann kein neuer Trend; sie erhalte aber durch die Vernetzung unserer Lebens- und Arbeitswelt eine neue Dimension. Die physische Welt der Dinge und die virtuelle Welt der Daten wachse zusammen. Praktisch alle Wirtschafts- und Lebensbereiche würden sich durch dieses Zusammenwachsen von Grund auf wandeln. Intelligente, vernetzte Produkte und deren Daten veränderten als Grundlage für Smart Services und Geschäftsmodell-Innovationen praktisch alle Branchen. In der Wirtschaft kommt dieser Wandel in seinen Auswirkungen den drei vorhergegangenen industriellen Revolutionen – Dampfmaschine, Elektrifizierung, Einzug von Computern und Robotik – gleich.
Doch auch neue Sicherheitsfragen kommen auf, weil eine offene, vernetzte Welt entsteht, in der unterschiedlichste Geräte unterschiedlichster Anbieter und Bereiche miteinander kommunizieren. Es reicht nicht mehr aus, Sicherheit nur in einem abgeschlossenen Kernbereich zu gewährleisten. Mit der Vernetzung wächst auch die Zahl möglicher Angriffspunkte auf vernetzte Infrastrukturen. Cyberangriffe lassen sich nicht durch Abschotten ausschließen und sich auch nicht vorhersagen. Deshalb schlug Henning Kagermann Resilienz als neues strategisches Sicherheitskonzept vor: Kritische Infrastrukturen müssten so eingerichtet werden, dass sie Sicherheitsvorkommnisse schnell erkennen und auf sie reagieren. Resiliente Systeme erhalten auch bei einem Angriff möglichst ihre Funktionalität, erholen sich rasch und lernen aus vergangenen Angriffen.
Henning Kagermann ging auch auf Deutschlands Voraussetzungen für den digitalen Wandel ein: Deutschland habe Stärken bei forschungsintensiven Technologien und Produkten, wie etwa im Automobilbereich und verfüge über einen innovativen Mittelstand. Schwächen lägen bei den Geschäftsmodellinnovationen und bei der Gründung schnell wachsender Hightech-Startups.
Deutschland hat nach den Worten von Henning Kagermann die Chance, gestärkt aus der Digitalisierung und der vierten industriellen Revolution hervorzugehen. Dazu müssten Unternehmen, Wissenschaft und Politik Geschwindigkeit aufnehmen. Es gelte, die Digitale Agenda entschlossen umsetzen und einen digitalen europäischen Binnenmarkt voranzutreiben. Resilienz müsse als neues Sicherheitsparadigma verankert werden. Schließlich müsse eine – durchaus europaspezifische – Internetkultur im offenen Dialog entstehen, die die Souveränität der Menschen über Daten sichere, aber auch Verhaltensnormen für die Digitalen Welten definiere.