Der Datenraum Kultur zeichnet sich dadurch aus, dass er Zugänglichkeit und Wiedernutzung von Daten vereinfacht. Leitprinzip ist die Wahrung der Souveränität von Dateneignern, Urhebern und Dienstanbietern, wobei die Daten nicht zentral gespeichert, sondern direkt von Teilnehmendem zu Teilnehmendem übertragen werden.
acatech wird dabei die Erfahrungen aus dem erfolgreichen Aufbau des Mobility Data Space miteinbringen. Das Fraunhofer FIT erfasst zentrale Anforderungen und Nutzenerwartungen und entwickelt für deren Realisierung angepasste technische Unterstützung für die beteiligten Einrichtungen.
Kultureinrichtungen sind als Orte der Bildung, der Begegnung und der Gemeinschaft essenziell für eine demokratische Gesellschaft – gerade in Krisenzeiten. Damit sie gemeinsam mit ihrem Publikum künftig noch stärker von der Digitalisierung profitieren, fördern wir die Entwicklung des Datenraums Kultur. Dort sollen virtuelle mit realen Angeboten verschmelzen, soll Vernetzung leichter möglich sein. Wichtig dabei ist, dass die Datenhoheit wie auch die Erlöse bei den Kunst- und Kulturschaffenden bleiben und deren geistiges Eigentum respektiert wird.
Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien
acatech hat Datenräume als wichtige Ebene digitaler Souveränität herausgestellt. Die Bundesregierung hat die Einrichtung von Datenräumen in die Kernziele der Digitalstrategie aufgenommen: Für die Nutzung von Daten sollen bis 2025 ein moderner Rechtsrahmen und gut vernetzte Datenräume stehen. acatech treibt die Gründung solcher Datenräume voran. Einen Datenraum Mobilität haben wir bereits auf den Weg gebracht. Nun erreichen wir mit dem Datenraum Kultur den nächsten wichtigen Meilenstein. Kultur verbindet uns als Gesellschaft, deshalb ist digitale Souveränität im Kulturbereich enorm wichtig. Der Datenraum Kultur gehört zu den 18 Leuchtturmprojekten der Digitalstrategie der Bundesregierung. Ich danke allen beteiligten Projektpartnern für die rasche, gemeinsame Aufbauarbeit.
Manfred Rauhmeier, acatech Geschäftsführer und Vorstandsmitglied
Erste Anwendungsbeispiele
In der Startphase sollen anhand von vier Anwendungen, jeweils mit weiteren Partnern gemeinsam umgesetzt, Machbarkeit, wirtschaftliche Relevanz und Mehrwert des Datenraums Kultur für die Kultur und Kreativwirtschaft belegt werden:
Vernetzte Kulturplattformen
Aus dem vielfältigen Kulturangebot die passende Veranstaltung herauszusuchen, ist oft schwierig. Vernetzte Kulturplattformen können hier Abhilfe schaffen: Sie liefern länderübergreifend personalisierte und situationsangepasste Veranstaltungsinformationen. Für Kulturschaffende reduziert die Vernetzung den redaktionellen Aufwand und bietet überregionale Sichtbarkeit. Der Software Innovation Campus Paderborn der Universität Paderborn und die OstWestfalenLippe GmbH werden dafür exemplarisch die neue Kulturplattform OWL live mit weiteren regionalen Kulturplattformen vernetzen und dabei die Möglichkeiten des Austauschs und der Verknüpfung von Daten bzw. Datenquellen nutzen, um einen Mehrwert für die Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen.
Smarte Dienste für multimediale Angebote im Museum
Caspar David Friedrich steht wie kein anderer Maler für die Romantik, seine Werke sind Ikonen ihrer Zeit. Anlässlich des 250. Geburtstags des Künstlers im Jahr 2024 initiiert die Hamburger Kunsthalle in Kooperation mit der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden eine digitale Plattform mit multimedialen Angeboten, basierend auf dezentralen Quellen. Das Portal ermöglicht einen Blick auf das Werk Friedrichs, intelligent kuratiert und vielfältig, von Multimedia bis Gigapixel, von Open Access bis Pay-per-View. Die Plattform entsteht im Kontext des gemeinsam veranstalteten Caspar David Friedrich Festivals mit Jubiläumsausstellungen und Veranstaltungen.
Maßgeschneiderte Angebote für Theaterfreunde
In Deutschland gibt es über 1000 private wie öffentlich getragene Theater, Orchester, Festivals und Gastspielhäuser – entsprechend groß ist die Anzahl der Spielpläne, Dispositionsdaten und der ortsspezifischen Informationen einzelner Spielstätten (etwa zur Barrierefreiheit). Diese Daten liegen allerdings nicht in standardisierter Form vor, was Recherche- und Auswertungsmöglichkeiten schmälert. Zusammen mit dem Deutschen Bühnenverein, der Akademie für Theater und Digitalität Dortmund und dem Staatstheater Augsburg sollen Standards für maschinenlesbare Theaterspielpläne entwickelt werden. Damit können effektivere Arbeitsprozesse in den Theatern und maßgeschneiderte Angebote für das Publikum geschaffen werden. Zudem wird eine Vereinfachung der Verarbeitung und des Austausches von Kulturdaten ermöglicht.
Plattform für gemeinsames Musizieren
Gemeinsames Musizieren mit anderen Musikerinnen und Musikern – zu jeder Zeit, an jedem Ort in Deutschland. Unter Federführung des Hamburger Konservatoriums entsteht ein digitaler Marktplatz, der allen Menschen vollkommen neue Wege des Musizierens ebnet: Zunächst können Musiklehrerinnen und -lehrer mit Schülerinnen und Schülern für den Unterricht in Echtzeit digital in Kontakt treten. Später wird die Plattform um vielfältige Angebote ergänzt und zu einer Musikcommunity auf nationaler und internationaler Ebene weiterentwickelt.
Der Datenraum Kultur in der Praxis
Digital-Gipfel 2023
Nicht zuletzt nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie benötigen die öffentliche Kultur und die Kultur- und Kreativwirtschaft verbesserte Zugangsmöglichkeiten zu digitalen Geschäftsmodellen. Der Datenraum Kultur ist eine dezentrale Infrastruktur, über die Teilnehmende (B2B) Daten zu ihren Bedingungen anbieten und tauschen können. Somit unterstützt der Datenraum Kultur die Zeitenwende im digitalen Bereich, in dem er der öffentlich geförderten Kultur und auch der Kultur- und Kreativwirtschaft den souveränen Austausch von Daten und somit die Erschließung innovativer Konzepte, neuer Inhalte und kreativer Geschäftsmodelle ermöglicht. Der Fokus auf Datensouveränität stellt eine Abkehr von Monopolisierungstendenzen durch sogenannte Hyperscaler dar.
Ein Datenraum ist eine digitale Infrastruktur, in der Daten nach gemeinsam vereinbarten Regeln und definierten Standards ausgetauscht werden. Der Datenaustausch erfolgt zwischen souveränen Teilnehmenden und wird durch den Datenraum technologisch unterstützt.
Datenräume sind wesentliche Bestandteile sowohl der europäischen als auch der nationalen Digitalisierungsstrategien. Im Ergebnis entsteht eine leistungs- und wettbewerbsfähige, sichere und vertrauenswürdige Dateninfrastruktur nach europäischen Rechtsstandards.
2. Welche Daten werden in einem Datenraum gespeichert? Wie werden Daten in den Datenraum eingespeist?
In einem Datenraum werden Daten und Dienste nicht zentral gespeichert („Datenlager“), sondern lediglich mittels Konnektoren dezentral vernetzt. Deshalb werden die Daten auch nicht in den Datenraum eingespeist. Die Konditionen für die gegenseitige Nutzung der Daten und deren Dauer werden dabei – unterstützt durch den Datenraum – von den Teilnehmenden vorab vertraglich festgelegt. Dies geschieht unter Wahrung der Rechte der Dateninhaber:innen. Für den sicheren, unkomplizierten und finanziell systematisierten Datenaustausch bietet der Datenraum Kultur einen Vertrags-Template-Service.
3. Wofür steht der Datenraum Kultur?
Der Datenraum Kultur hat das Ziel, die Digitalisierung in der Kultur zu unterstützen. Er wird parallel zu entstehenden Datenräumen in anderen Sektoren (z.B. Mobilität) aufgebaut. Der Datenraum Kultur bringt öffentliche und private Institutionen, Einzelakteur:innen, Unternehmen und weitere Organisationen zum Zwecke des Datenaustauschs zusammen. Er richtet sich an alle Sparten des kulturellen Lebens, an den Bereich der öffentlich geförderten Kultur ebenso wie an die überwiegend erwerbswirtschaftlich orientierte Kultur- und Kreativwirtschaft.
Im Datenraum Kultur werden Daten des Kultursektors offen und interoperabel zugänglich gemacht, und es wird ein einfacher und sicherer Datenaustausch (peer to peer) ermöglicht. Er bietet für die Teilnehmenden auch vielfältige Optionen zur gemeinsamen Sammlung und Nutzung von Meta-, Nutzungs- und Verkaufsdaten. Er ist jedoch keine Plattform, über die Werke kostenfrei oder bezahlt direkt zur Verfügung gestellt werden. Vielmehr basiert der Datenaustausch durchgängig auf Verfahrenswegen und Abrechnungsmodellen, die zwischen den Teilnehmenden des Datenraums vereinbart wurden. So stellt der Datenraum Kultur sicher, dass urheberrechtlich geschützte Werke nicht unter Umgehung von etablierten Vergütungssystemen zur Verfügung gestellt werden.
4. Welche Mehrwerte hat der Datenraum Kultur für die daran Teilnehmenden?
Zu nennen sind im Wesentlichen:
Datensouveränität und Datensicherheit auf der Grundlage des deutschen/europäischen Rechtsrahmens
Steigerung von Reichweite / Sichtbarkeit / Outreach sowie Erweiterung von Ziel- und Kundenkreisen
Sparten- und länderübergreifende Vernetzung von (digitalen) Angeboten und Inhalten
Prozessoptimierung
Vereinfachung der Erschließung von Daten
Stärkung der Nachhaltigkeit durch Wieder-/Mehrfachnutzung von Daten
Vernetzung mit (möglichen) Partnerinstitutionen
Aufbau von Communities
Einfache technische Möglichkeiten zur gemeinsamen Erhebung, nachhaltigen Nutzung und langfristigen Sicherung von Daten
Etablierung neuer Geschäftsmodelle
Optionen für Open Access und Bezahlangebote
Zugang zu Datendiensten
5. Wie grenzt sich der Datenraum Kultur von gängigen Plattformen ab?
In diesem eigenen Datenraum für die Kultur legen die Teilnehmenden die Bedingungen zum Datenaustausch selbst und unter den spezifischen Bedingungen ihrer Branche fest, z.B. hinsichtlich Urheberrechten, Bildrechten, Nutzungsdauer, und Verwertungsinteressen. Neu ist, dass im Datenraum eine gemeinsame Nutzung bzw. ein Austausch von Daten möglich sein wird, ohne dass diese dafür zwischengespeichert werden müssen. Die Daten verbleiben dezentral bei den Datengeber:innen. Mit dem Datenraum Kultur entsteht damit u.a. auch eine Datenumgebung für die beteiligten Partner, mit der Budgets werbetreibender Unternehmen direkt in der Kultur- und Kreativwirtschaft landen können.
6. Wer kann den Datenraum Kultur nutzen?
Der Datenraum Kultur ist eine B2B-Umgebung, die grundsätzlich allen Akteur:innen aus dem breit gefächerten Bereich des Kulturschaffens und der Kreativwirtschaft offen steht. Diese Umgebung reichert eigene Meta-, Nutzungs- und Verkaufsdaten der Community-Partner:innen mit den Daten der anderen Partner:innen an und ermöglicht so neue Vertriebs- und Erlöswege. Der Datenraum ist damit keine B2C-Plattform, auf die Endverbraucher:innen Zugang haben; dies obliegt allein den beteiligten Community-Partner:innen.
7. Welche technischen Voraussetzungen sind nötig, um den Datenraum Kultur zu nutzen?
Für die Nutzung ist zunächst nur ein funktionierender Internetanschluss erforderlich. Die Art der Nutzung orientiert sich an der Rolle der teilnehmenden Akteur:innen. Es gibt Dateninhaber:innen, die ihre Daten zugänglich machen und mit anderen Datennutzer:innen zu bestimmten Konditionen teilen möchten. Hierfür bedienen sich beide der technischen Infrastruktur von Serviceanbietern („data/service provider“, z.B. Webseitenbetreiber, Clouddienstanbieter). Der Datenraum stellt die sichere Kommunikation zwischen Dateninhaber:innen und Datennutzer:innen über diese Serviceanbieter sicher.
8. Wer legt die Datenraumregeln fest?
Die Regularien werden über die technische Infrastruktur bereitgestellt, die sich an den von der International Data Spaces Association festgelegten Grundsätzen orientiert. Die Regeln für die Ausgestaltung des konkreten Datenaustauschs im Datenraum legen die Teilnehmenden jeweils für sich fest. Für den Datenraum Kultur werden gegenwärtig entsprechende Templates im Austausch mit der Kultur und Kultur- und Kreativwirtschaft entwickelt.
9. Unterstützt der Datenraum Kultur Open-Access-Strategien in der Kultur?
Der Datenraum Kultur erlaubt die Vernetzung sowohl von offenen als auch von nichtoffenen Daten. Indem die Dateneigner:innen die Regeln der jeweiligen Nutzung selbst festlegen, können sie innerhalb des Datenraums auch die Umsetzung von kommunalen sowie länderspezifischen Open-Data-Strategien voranbringen.
10. Wer finanziert das Projekt Datenraum Kultur?
Der Aufbau des Datenraums Kultur erfolgt durch eine Anschubfinanzierung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Ein Konzept zur nachhaltigen Fortführung des Datenraums Kultur über den Projektrahmen hinaus befindet sich in der Abstimmung.
11. Wann steht der Datenraum Kultur zur Nutzung bereit?
Der Datenraum Kultur wird zurzeit anhand von Use Cases iterativ entwickelt, sodass die dabei gewonnenen Erkenntnisse seine tatsächliche Ausgestaltung bestimmen. Die Festlegung der Rahmenbedingungen erfolgt im Austausch mit der Kultur- und Kreativwirtschaft. Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten innerhalb des Datenraums Kultur sollen im Laufe des Jahres 2023 sukzessive sichtbar werden. Ab 2025 soll der Datenraum allen Interessierten zur Verfügung stehen.
12. Wie kann ich / meine Institution / mein Unternehmen jetzt schon beim Datenraum Kultur mitmachen?
Ideen und Anregungen können in von acatech koordinierten Stakeholder-Dialogen und Multiplikatoren-Communities eingebracht werden. Diese stehen allen Interessierten aus dem Bereich der Kultur und der Kreativwirtschaft offen (Kontakt).