Bayern denkt Zukunft – die Studie
Was wünschst Du dir, Bayern?
Die Ergebnisse der deutschlandweiten Online-Umfrage Stadt.Land.Chancen geben Aufschluss darüber, wie die Menschen in Deutschland in Zukunft leben wollen. Aber welche Themen beschäftigen die Bayerinnen und Bayern? Was ist ihnen besonders wichtig? Für die vertiefende Studie „Stadt.Land.Chancen – Ergebnisse der Befragung in Bayern“ haben acatech und CeRRI zusätzlich zu den mehr als 4.000 bayerischen Teilnehmenden in der Online-Umfrage insgesamt 54 Bürgerinnen und Bürger aus Bayern in vier Workshops persönlich befragt und damit den Startschuss für das Dialogprojekt „Bayern denkt Zukunft“ gegeben, das die bayerische Gesellschaft als Ganzes miteinander ins Gespräch bringen will. Die Studie zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Regionen.
Bayern ist nicht gleich Bayern
Wussten Sie, dass das ökologisches Bewußtsein in den bayerischen Großstädten München und Nürnberg sowie Mittelfranken besonders ausprägt ist? Hätten Sie gedacht, dass in Niederbayern die Sorge mit technologischen Entwicklungen im Privatleben wie auch im Berufsleben nicht Schritt halten zu können, tendenziell deutlich größer als im bayernweiten Durchschnitt ist? Umfrageteilnehmende aus Schwaben sehen in der Digitalisierung einen geringeren Nutzen als ihre bayerischen Landsleute – dicht gefolgt von den Mittelfranken. In Unterfranken wird die Digitalisierung am positivsten gesehen, aber die Veränderung des Soziallebens mit überdurchschnittlicher Sorge beobachtet. Beim Thema Mobilität wird ein Stadt-Land-Unterschied deutlich: Dünn besiedelte ländliche Gebiete gehen tendenziell eher davon aus, nicht von neuen Mobilitätsangeboten profitieren zu können. Auch beim Thema Gemeinschaft unterscheiden sich Stadt und Land. Gemeinschaft steht in ländlichen Gebieten tendenziell deutlich mehr im Vordergrund.
Die sogenannte Hauptkomponentenanalyse für alle bayerischen Regierungsbezirke, die Großststädte München und Nürnberg sowie den dünn besiedelten ländlichen Regionen ist in der Studie ab Seite 75 nachzulesen. Die grafischen Darstellungen sind in der Pressemappe zu finden.
Starke Stadt-Land-Gemeinschaft steht für Bayerinnen und Bayern im Zentrum der Zukunftsgestaltung
Im persönlichen Gespräch mit den 54 Bürgerinnen und Bürgern, die auch direkt zu ihren Wünschen und Sorgen befragt wurden, zeigte sich, dass aber trotz aller Unterschiede die Gemeinsamkeiten zwischen Stadt- und Landbewohnenden überwiegen. Sie sind sogar dort zu finden, wo man sie nicht vermutet: Statt Land und Stadt getrennt zu denken, haben die Workshop-Teilnehmenden eine Stadt-Land-Gemeinschaft entworfen, in der sich mit innovativen Ansätzen viele, auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Wünsche erfüllen und Sorgen auffangen lassen.
Es wird konkret: Wie lassen sich Herausforderungen in der Region und darüber hinaus adressieren?
In den vier Regionalworkshops haben die Teilnehmenden sehr konkrete Ideen entwickelt, wie sich die Gemeinsamkeiten in den nächsten Jahren schon nutzen lassen, um Brücken zu schlagen und eine starke Gemeinschaft für die Zukunft aufzubauen.
Regionalität als Chance
Den Wunsch nach regional angebauten Lebensmitteln, der die Bayerinnen und Bayern auch laut Studie eint, sehen die Workshopteilnehmenden als eine Chance, Erzeuger und Verbraucher, aber auch Stadt und Land zusammenzubringen. Macht die Landwirtschaft bioökonomische Zusammenhänge sichtbar, bietet niedrigschwellige Angebote und können Verbraucherinnen und Verbraucher die Produktion von Lebensmitteln erleben, entsteht Verständnis. Darin sieht eine Teilnehmerin beispielsweise den “Schlüssel für die Übernahme von eigener Verantwortung” auf dem Weg zu einem nachhaltigen Agrar- und Ernährungssystem.
Digitalisierung sorgt für Flexibilität
In der Digitalisierung sehen die Bayerinnen und Bayern eine Chance, die neue Impulse setzen, Verständigung zwischen Stadt und Land fördern und individuelle Flexibilität ermöglichen kann: ein größeres Bildungsangebot, mehr Wahlmöglichkeiten in der Ausbildung oder attraktive Arbeitsplätze in unmittelbarer Wohnumgebung auch auf dem Land. Allerdings dürfe eine Transformation im digitalen Bereich “nicht zu Ausgrenzung führen”.
Bauen (und Wohnen) neu gedacht
Flexibilität steckt auch im Kern anderer Lösungsimpulse. Die Teilnehmenden sehen flexible, modulare, multifunktionale Gebäude und Räume als Antwort auf gleich mehrere drängende Herausforderungen sowohl in der Stadt als auch auf dem Land: Flächenfraß, Ortskernverödung, aber auch soziale Vereinsamung, Wohnkosten oder fehlende Versorgungsinfrastruktur.
Vorstellen möchte ich mir, dass zum Beispiel ein Komplex als ‚Anker‘ und Multifunktionsgebäude im Kleinzentrum entsteht. Mit mehreren Stockwerken und kleinen modularen Grundrissen für Singles, Studenten und Senioren gebaut, mit Zentrum für Versorgung und Vergnügen, Gemeinschaftsräume, also Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, kleine Geschäfte, Kneipe, Gaststätte, Biergarten, eventuell auch Gewerbe, Tagespflege oder auch Kitas. Alle würden von der kompakten Infrastruktur profitieren. Dann wäre auch für umliegende Eigenheimbesitzer der Anreiz größer, bei Bedarf vom Haus in ein naheliegendes versorgtes Umfeld zu ziehen. Und für junge Leute, die eine Familie gründen wollen, würde ein Haus frei.
Noch mehr Ideen von Bürgerinnen und Bürgern sind in der Studie nachzulesen.
Bayern denkt Zukunft: Mit der Gesellschaft im Dialog
In den Diskussionen hat sich gezeigt, wie wichtig ein tiefes Verständnis für regionale Eigenheiten – wirtschaftlich wie auch kulturell – ist, um Herausforderungen angehen, Technologien nutzbringend einsetzen und die Regionalentwicklung vorantreiben zu können. Es gibt nicht “die eine” Lösung für alle Regionen. Stattdessen entstehen im Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern maßgeschneiderte Ideen, deren Akzeptanz bei der Umsetzung quasi schon vorprogrammiert ist.
Das Dialogprojekt „Bayern denkt Zukunft“, das vom bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert wird, nutzt die Studienergebnisse, um im Rahmen verschiedener Veranstaltungsformate diesen Dialog anzustoßen und Anknüpfungspunkte für Entscheidungsträger in regionaler Politik, Verwaltung und Wirtschaft zu schaffen, das Innovationspotenzial der Bürgerinnen und Bürgern zu nutzen und gemeinsam mit ihnen Entwicklungsmöglichkeiten für Bayern zu identifizieren und umzusetzen.
Die Termine & Ergebnisse
24.11.2021, Online-Workshop: Das System und ich: Verbraucher und Erzeuger gestalten gemeinsam nachhaltige Landwirtschaft
09.12.2021, virtuelle Diskussionsrunde: Klimaschutz geht durch den Magen: Können Ernährungstrends das Klima retten?
15.12.2021 und 10.02.2022, virtueller, zweiteiliger Co-Creation Workshop:
Stadt, Land Flucht: Die Neuerfindung des ländlichen Wohnraums
» Hier geht es zu den ersten Schritten auf dem Weg zu neuen Wohnformen auf dem Land
16.02.2022 und 17.02.2022, virtuelle Diskussionsrunde: Neues Arbeiten – Chance und Herausforderung für Regionen abseits der Metropolen
» Hier geht es zu den 8 Faktoren für erfolgreiches Co-Working auf dem Land
17.03.2022, virtuelles Barcamp: Saftige Wiesen, grüne Wälder, klare Seen – Sehnsuchtsorte und Wirtschaftsgut
» Hier geht es zur ausführlichen Barcamp-Nachlese.